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Online-Seminar mit Rechtsanwalt Jens Dieckmann am 06.05.2020

Frage: Kann ein Aufenthaltstitel (subsidiärer Schutz) wieder entzogen wegen, wenn bei der Passbeschaffung nicht mitgewirkt wird (Strafantrag läuft bereits)? und die Person dann gezwungener weise eine Duldung nach 60b erhält?

Antwort: Der Aufenthaltstitel kann entzogen werden, wenn die Ausländerbehörde eine Ausweisungsverfügung erlässt wegen „hartnäckiger Verweigerung“ der Mitwirkung gem. § 54 II Nr. 8 AufenthG. Die Strafanzeige kann dabei eine Vorstufe dazu sein.

Frage: Gilt das Recht, Handys einzulesen, um die Identität zu klären, auch für Mitarbeiter*innen der zuständigen Ausländerämter?

Antwort: Ja, gem. § 48, 48a AufenthG.

Frage: Genügen zur Identitätsklärung eidesstaatliche Erklärungen zweier Personen aus demselben Herkunftsland?

Antwort: Dies kann angeboten werden, reicht aber idR nicht aus. Zunächst muss nachweislich versucht werden, Urkunden als Nachweis der Identität zu beschaffen.

Frage: Reichen ggf, Handydaten, welche ID klären, um Ausbildungsdudlung zu erlangen?

Antwort: Nein, auszulesende Handydaten beziehen sich insb. auf die regionale Herkunft (über die Vorwahlen der Telefonnummern).

Frage: BMI Anwendungshinweise sagen, „Kann Abschiebung zusätzlich aus einem anderen Grund nicht vollzogen werden, der nicht in § 60a Abs. 1 AufenthG genannt wird, soll grundsätzlich dennoch § 60 b AufenthG erteilt werden.“ Würde das nicht heißen, da „Corona“ ja ein „tatsächlicher Grund“ nach § 60a Abs. 1 AufenthG wäre, dass dann nicht § 60 b AufenthG zu erteilen wäre?

Antwort: Das ist strittig. Das Bundesinnenministerium sagt in seinen Hinweisen zu § 60b AufenthG vom 14.04.2020, dass § 60b AufenthG erteilt werden soll, wenn die Täuschung auch nur einer von mehreren Gründen war, dass die Abschiebung nicht vollzogen werden konnte. Nach der Gegenmeinung kann § 60b AufenthG nie verhängt werden bei Täuschung, wenn zB wegen Corona eh‘ keine Abschiebung möglich gewesen wäre.

Frage: Wirkt sich die freiwillige Teilnahme am Integrationskurs oder einem Landessprachkurs und/oder die erfolgreiche Teilnahme an einer Sprachprüfung (A1/A2/B1/B2) für Geflüchtete mit Blick auf zB eine Beschäftigungsduldung günstig aus?

Antwort: Die Beschäftigungsduldung gem. § 60d AufenthG setzt A2 voraus (§ 60d I Nr. 6 AufenthG).

Frage: Was muss erfüllt sein um eine Niederlasserlaubnis zu erhalten?

Antwort: Das hängt davon ab, auf welcher Rechtsgrundlage eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden soll. Bei anerkannten Flüchtlingen ergeben sich die Voraussetzungen der Niederlassungserlaubnis im Einzelnen aus § 26 AufenthG i.V.m. § 9 AufenthG.

Frage: Was macht eine Jugendstrafe (Sozialstunden und Beratungsauflage) mit der Aufenthaltsverlängerung?

Antwort: Gem. § 5 I Nr. 2 AufenthG kann ein sog. Ausweisungsinteresse der Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen. Ob ein Ausweisungsinteresse gegeben ist, ergibt sich aus § 54 AufenthG. Hier werden insb. auch Vorstrafen, auch Jugendstrafen, als mögliche Ansatzpunkte für ein Ausweisungsinteresse angesehen.

Frage: Haben Sie Empfehlungen für Versuche der Familiennachzüge die zeitlich ja oft Engpässe haben (baldige Volljährigkeit, kurze Gültigkeitsdauer der Visa und fehlende Reisemöglichkeit) und es da eben KEINE Sonderregelungen gibt.

Antwort: Bei drohender Volljährigkeit des Stammberechtigen in Deutschland kann ein Eilantrag beim VG Berlin gegen die Bundesrepublik Deutschland gestellt werden, um eine Beschleunigung zu erreichen. Hierfür sollte Unterstützung durch entsprechend spezialisierte Anwält_innen in Anspruch genommen werden.

Frage: Brauchen EU Bürger auch eine Verlängerung von der ABH wenn Sie über 3 Monate hier sind? Die Personen brauchen ja kein Visum.

Antwort: Nein, sie sind freizügigkeitsberechtigt.

Frage: Der Asylantrag einer alleinstehenden pakistanischen Frau wird als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Der Anwalt versäumt die rechtzeitige Einlegung der Klage. Die Frau hat zu Beginn ihres Asylverfahrens ihren pakistanischen Reisepass abgegeben, sodass sie abgeschoben werden kann. Sie ist derzeit geduldet und verzweifelt, weil sie nicht weiß, wie sie alleine in Pakistan überleben soll. Sie hat dort keine Familienangehörigen mehr.
Ihr volljähriger Sohn wurde vom BAMF einfach abgelehnt und befindet sich im Klageverfahren. Er wird vermutlich über Integrationsleistungen eine Aufenthaltserlaubnis erreichen können.
Wie kann eine Abschiebung der Frau nach Pakistan und eine Trennung von ihrem Sohn verhindert werden (z.B. Eilantrag beim VG stellen, Abschiebungsverbot beim BAMF beantragen)?

Antwort: Sollten neue Beweismittel zur Lage der Frau bei Rückkehr nach Pakistan bestehen (individuell oder allgemeine Berichte von Amnesty International etc zur menschenrechtlichen Situation alleinstehender Frauen nach Rückkehr) könnte geprüft werden, ob ein Asylfolgeantrag beim BAMF gestellt werden kann. Alternativ könnte - bei einer Aufenthaltserlaubnis des Sohnes - ein Härtefallersuchen an die jeweilige Härtefall-Kommission des Bundeslandes gestellt werden. Dafür müssen aber idR auch Integrationsleistungen vorzuweisen sein.