Ansprechen – aber wie?

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Sie haben bei einer Person in Ihrem Umfeld den Verdacht, dass sie Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben haben könnte? Diese Lektion enthält wichtige Tipps, wie eine sensible Ansprache gelingt.

Warum betroffene Personen ansprechen?

Über die üblichen Wege der Öffentlichkeitsarbeit (wie Flyer, Programmhefte oder Webseiten) sind Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten kaum zu erreichen. Deshalb sind diese Personen häufig darauf angewiesen, dass sie von Menschen in ihrem Lebensumfeld über Lernmöglichkeiten informiert werden.

Auch wenn es Ihnen unangenehm ist und Sie sich unsicher fühlen, sollten Sie Ihre Beobachtungen nicht ignorieren, denn:

  • Lese- und Schreibschwierigkeiten sind ein Risiko für die soziale Ausgrenzung.
  • Lesen und Schreiben bedeuten Selbstbestimmung und Unabhängigkeit in allen Lebensbereichen.
  • Lesen und Schreiben stärken die Persönlichkeitsentwicklung.
  • Lesen und Schreiben sind Grundkenntnisse, ohne die eine Vermittlung in eine Ausbildung oder eine Arbeit nicht oder nur sehr schwer möglich sind.

Überwinden Sie daher ihre Angst davor, die Person zu verletzen oder bloßzustellen. Obwohl es eine Konfrontation darstellt, sind die meisten Menschen dankbar, wenn sie in einem verlässlichen Rahmen von ihren Lese- und Schreibschwierigkeiten erzählen können und Unterstützung bekommen. Das vermeintliche Übersehen wird von betroffenen Personen registriert und zum Teil auch kritisiert.

Oft besitzen Sie als Ehrenamtliche*r das Vertrauen der Person, die Sie begleiten. So können Sie ideal als „Schlüsselperson“ und „Wegweiser“ agieren. Viele Begegnungen können einen Anlass geben, über Lese- und Schreibschwierigkeiten zu reden.

Prinzipien der Ansprache: Wann, wo, wie?


Vielen Personen fällt es schwer, sich eigenständig auf den Weg zu einem Lernangebot zu machen. Daher ist die passende Ansprache durch Menschen aus dem Umfeld besonders wichtig.

Wie können Sie als Ehrenamtliche*r in Ihrem Alltag (und ggf. in Ihrer Einrichtung) konkret vorgehen?

Wichtig ist, sich im Vorfeld Gedanken über die Herangehensweise und die eigene Haltung zu machen: Welches Ziel verfolge ich mit dem Gespräch? Welche Lösungswege möchte ich vorschlagen? Wo kann ich Informationen einholen?

Wie sensibel das Thema Lese- und Schreibschwierigkeiten für die betroffenen Personen ist, hängt von vielen Faktoren ab wie Persönlichkeit, Gründe für die fehlenden Lese- und Schreibkompetenzen, bisherige Erfahrungen mit Reaktionen des Umfeldes etc.

Wenn Sie eine Person auf ihre Schwierigkeiten beim Lesen oder Schreiben ansprechen, versuchen Sie, folgende Prinzipien der Ansprache zu berücksichtigen und anzuwenden:



Das erstmalige Ansprechen muss nicht sofort in eine Lösung münden. Für einige Menschen ist es schon hilfreich, über ihre Schwierigkeiten zu sprechen. Andere brauchen vielleicht mehrere Anläufe, um sich für das Thema zu öffnen.

Weitere Tipps für eine sensible Ansprache

Vielleicht helfen Ihnen als Ansprechperson zusätzlich die folgenden Tipps, um eine betroffene Person möglichst sensibel anzusprechen.


Viele Personen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten haben mitwissende Personen in ihrem Umfeld, die sie in die Bewältigung ihrer Alltagshürden mit einbeziehen. Auch solche Personen sollten – wenn möglich – in die Ansprache und Beratung mit einbezogen werden, da diese als Vertrauenspersonen oder Motivator*innen unterstützen können.

Mögliche Einstiegssätze

Sie sind unsicher, wie Sie die betroffene Person ansprechen sollten? Folgende Einstiegssätze können dabei helfen, den richtigen Ton zu treffen:

Subjektive Sicht:

  • „Ich habe den Eindruck, dass es Ihnen schwerfällt, dieses Formular auszufüllen.“
  • „Es kam mir eben so vor, als ob Sie Schwierigkeiten hatten, den Antrag zu verstehen.“
  • „Ich habe das Gefühl, dass es nicht so einfach für Sie ist, Ihre Angaben einzutragen.“
  • „Ich sehe, dass Sie zögerlich zum Stift greifen …“

Diese können auch als Frage formuliert werden:

  • „Könnte es sein, dass es schwierig für Sie ist …?“
  • „Stimmt mein Eindruck, dass es Ihnen schwerfällt …?“
  • „Ist es möglich, dass …?“

Wenn bereits ein Vertrauensverhältnis besteht, kann auch eine lockere Ansprache gewählt werden:

  • „Wollen wir das nicht mal angehen?“
  • „Du wolltest doch schon immer …“
  • „Ich habe da eine Idee. Es gibt doch ein Angebot bei …“

Bei der Ansprache betroffener Personen ist Feingefühl gefragt, da das Empfinden für das Thema individuell verschieden ist. Achten Sie auf einen angemessenen Ort, einen passenden Zeitpunkt und eine sensible Wortwahl.

Weiterführende Materialien

Autorenbild

Die Inhalte dieser Lektion sind im Deutschen Volkshochschul-Verband e.V. im Rahmen des Projekts AQUA entstanden und wurden für Sie redaktionell überarbeitet und ergänzt vom Redaktionsteam des vhs-Ehrenamtsportals.

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