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Online-Seminar mit Rechtsanwalt Jens Dieckmann am 06.05.2020

Liebe Community-Mitglieder,

unser Online-Seminar mit dem Akteur unseres Portals Jens Dieckmann hat am 06.05.2020 mit 87 Teilnehmenden erfolgreich stattgefunden. Jens Dieckmann ist als Rechtsanwalt mit Spezialisierung für Asyl- und Aufenthaltsrecht tätig und hat bereits zuvor die Themenwelt Asylrecht und Behördendschungel für unser Portal verfasst.
Sollten Sie das Online-Seminar verpasst haben oder es einfach nochmals anschauen wollen, können Sie es hier noch einmal anschauen.

Herr Dieckmann hat außerdem alle im Zusammenhang des Online-Seminars gestellten Fragen noch einmal schriftlich beantwortet und hier eingestellt. Werfen Sie doch einmal einen Blick in die unten stehenden Antworten und finden Sie Ihre gestellte Frage wieder.


Wir haben uns sehr über das große Interesse und die rege Beteiligung an unserem Online-Seminar gefreut. Dafür noch einmal herzlichen Dank an alle Beteiligten und insbesondere an Herrn Dieckmann. Bei Fragen kontaktieren Sie uns gerne über die Nachrichtenfunktion hier im Forum.

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Beste Grüße
Tobias Bönemann (Referent vhs-Ehrenamtsportal)

Liebe Gäste,

die folgenden zwei interessanten Fragen erreichten uns per Mail von einer Teilnehmerin aus Würzburg:

  1. Ein Familienvater hat einige Monate als ungelernter Bäckergehilfe in Eibelsstadt gearbeitet, konnte dann aber wegen eines Deutschkurses diese Arbeit nicht fortsetzen. Muss er nun eine Steuererklärung machen? Würde er das Geld, das er vom Finanzamt zurückbekommt, wieder abgeben müssen oder werden Rückzahlungen von den Unterhaltsleistungen abgezogen, die er nun für sich und seine Familie bekommt?

  2. Bei einer Äthiopierin wurde zu Beginn des Asylverfahrens der Name in *** verändert. (Bestandteil des geänderten Namens war wohl das Dorf, aus dem sie kam). Es war offensichtlich ein Missverständnis. Sie möchte zurück zu ihrem ursprünglichen Namen. Wie kann das geschehen? Was muss man tun?

Herr Dieckmann hat die Fragen bereits erhalten und wird sie im Online-Seminar beantworten. Habt ihr noch weitere Fragen? Stellt sie gerne hier im Thema.

Viele Grüße und bis Mittwoch,
Das Ehrenamtsportal-Team

Folgende weitere Frage erreichte uns heute und wird morgen ebenfalls mit in das Online-Seminar einfließen:

  • Ich bin auch Ehrenamtliche in der JVA und betreue einen jungen Syrer, der eine 3-jährige Aufenthaltsgenehmigung (Flüchtlingspass) hatte, die bzw. der während der Zeit im Gefängnis abgelaufen ist. Trotz großer Anstrengungen sowohl von der angestellten Sozialarbeiterin der JVA als auch einer Drogenberaterin hat bisher das Ausländeramt keine Verlängerung gewährt. Der junge Mann ist aus Idlib, hatte Drogen konsumiert und gedealt und muss voraussichtlich - bei sehr guter Führung, die bisher gut geklappt hat- bis Anfang Dezember in Gewahrsam bleiben. Er macht sich große Sorgen um seine Zukunft. Wie sind seine Aussichten, die Verlängerung zu bekommen? Was könnte ich tun?

  • Wegen der fehlenden Aufenthaltserlaubnis war es z.B. auch nicht möglich, für ihn eine Drogentherapie zu bekommen (zumal die Gutachterin entgegen der Auffassung der Drogenberatung es auch nicht für nötig hielt. Er wollte sie machen, aber ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung keine Krankenkasse.).


Habt ihr weitere Fragen? Stellt sie gerne hier!

Bis morgen,
Das Ehrenamtsportal-Team

Ich hoffe es passt hier

  1. Haben Sie Empfehlungen für Versuche der Familiennachzüge die zeitlich ja oft Engpässe haben (baldige Volljährigkeit, kurze Gültigkeitsdauer der Visa und fehlende Reisemöglichkeit) und es da eben KEINE Sonderregelungen gibt.

  2. Brauchen EU Bürger auch eine Verlängerung von der ABH wenn Sie über 3 Monate hier sind? Die Personen brauchen ja kein Visum.

Danke und liebe Grüße
Michaela Neumann

Der Asylantrag einer alleinstehenden pakistanischen Frau wird als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Der Anwalt versäumt die rechtzeitige Einlegung der Klage. Die Frau hat zu Beginn ihres Asylverfahrens ihren pakistanischen Reisepass abgegeben, sodass sie abgeschoben werden kann. Sie ist derzeit geduldet und verzweifelt, weil sie nicht weiß, wie sie alleine in Pakistan überleben soll. Sie hat dort keine Familienangehörigen mehr.
Ihr volljähriger Sohn wurde vom BAMF einfach abgelehnt und befindet sich im Klageverfahren. Er wird vermutlich über Integrationsleistungen eine Aufenthaltserlaubnis erreichen können.
Wie kann eine Abschiebung der Frau nach Pakistan und eine Trennung von ihrem Sohn verhindert werden (z.B. Eilantrag beim VG stellen, Abschiebungsverbot beim BAMF beantragen)?

Vielen Dank für Ihre Hilfe und das tolle Seminar!

Zitat
MichaelaNeumann

Ich hoffe es passt hier

  1. Haben Sie Empfehlungen für Versuche der Familiennachzüge die zeitlich ja oft Engpässe haben (baldige Volljährigkeit, kurze Gültigkeitsdauer der Visa und fehlende Reisemöglichkeit) und es da eben KEINE Sonderregelungen gibt.
  2. Brauchen EU Bürger auch eine Verlängerung von der ABH wenn Sie über 3 Monate hier sind? Die Personen brauchen ja kein Visum.

Danke und liebe Grüße
Michaela Neumann

5d
Antworten

  1. Bei drohender Volljährigkeit des Stammberechtigen in Deutschland kann ein Eilantrag beim VG Berlin gegen die Bundesrepublik Deutschland gestellt werden, um eine Beschleunigung zu erreichen. Hierfür sollte Unterstützung durch entsprechend spezialisierte Anwält_innen in Anspruch genommen werden.

  2. Nein, sie sind freizügigkeitsberechtigt.

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Zitat MelinaKick Der Asylantrag einer alleinstehenden pakistanischen Frau wird als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Der Anwalt versäumt die rechtzeitige Einlegung der Klage. Die Frau hat zu Beginn ihres Asylverfahrens ihren pakistanischen Reisepass abgegeben, sodass sie abgeschoben werden kann. Sie ist derzeit geduldet und verzweifelt, weil sie nicht weiß, wie sie alleine in Pakistan überleben soll. Sie hat dort keine Familienangehörigen mehr.
Ihr volljähriger Sohn wurde vom BAMF einfach abgelehnt und befindet sich im Klageverfahren. Er wird vermutlich über Integrationsleistungen eine Aufenthaltserlaubnis erreichen können.
Wie kann eine Abschiebung der Frau nach Pakistan und eine Trennung von ihrem Sohn verhindert werden (z.B. Eilantrag beim VG stellen, Abschiebungsverbot beim BAMF beantragen)?
Vielen Dank für Ihre Hilfe und das tolle Seminar!

5d
Antwort: Sollten neue Beweismittel zur Lage der Frau bei Rückkehr nach Pakistan bestehen (individuell oder allgemeine Berichte von Amnesty International etc zur menschenrechtlichen Situation alleinstehender Frauen nach Rückkehr) könnte geprüft werden, ob ein Asylfolgeantrag beim BAMF gestellt werden kann. Alternativ könnte - bei einer Aufenthaltserlaubnis des Sohnes - ein Härtefallersuchen an die jeweilige Härtefall-Kommission des Bundeslandes gestellt werden. Dafür müssen aber idR auch Integrationsleistungen vorzuweisen sein.

Frage: Der Familienvater hat einige Monate als ungelernter Bäckergehilfe in Eibelsstadt gearbeitet, konnte dann aber wegen eines Deutschkurses diese Arbeit nicht fortsetzen. Muss er nun eine Steuererklärung machen? Würde er das Geld, das er vom Finanzamt zurückbekommt, wieder abgeben müssen oder werden Rückzahlungen von den Unterhaltsleistungen abgezogen, die er nun für sich und seine Familie bekommt?

Antwort: Zu dieser Frage sollte ein/e Steuerberater/in zu Rate gezogen werden.

Frage: Bei einer Äthiopierin wurde zu Beginn des Asylverfahrens der Name verändert. Es war offensichtlich ein Missverständnis. Sie möchte zurück zu ihrem ursprünglichen Namen.
Antwort: Jeder Flüchtling ist verpflichtet, seine Identität zu klären, auch schon im laufenden Asylverfahren (§15 AsylG). Der richtige Name muss entweder beim Bundesamt oder Ausländeramt angegeben werden, verbunden mit einem Antrag, dies im Ausländerzentralregister zu ändern. Die Änderung wird aber erst übernommen, wenn der Name belegt werden kann durch eine nachprüfbare Original-Urkunde (in der Regel durch einen Pass oder Personalausweis).

Frage: Ich bin auch Ehrenamtliche in der JVA und betreue einen jungen Syrer, der eine 3-jährige Aufenthaltsgenehmigung (Flüchtlingspass) hatte, die bzw. der während der Zeit im Gefängnis abgelaufen ist. Trotz großer Anstrengungen sowohl von der angestellten Sozialarbeiterin der JVA als auch einer Drogenberaterin hat bisher das Ausländeramt keine Verlängerung gewährt. Der junge Mann ist aus Idlib, hatte Drogen konsumiert und gedealt und muss voraussichtlich - bei sehr guter Führung, die bisher gut geklappt hat- bis Anfang Dezember in Gewahrsam bleiben. Er macht sich große Sorgen um seine Zukunft. Wie sind seine Aussichten, die Verlängerung zu bekommen? Was könnte ich tun?
Wegen der fehlenden Aufenthaltserlaubnis war es z.B. auch nicht möglich, für ihn eine Drogentherapie zu bekommen (zumal die Gutachterin entgegen der Auffassung der Drogenberatung es auch nicht für nötig hielt. Er wollte sie machen, aber ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung keine Krankenkasse.).

Antwort: Die Ausländerbehörde ist gebunden an die Entscheidung des BAMF im Asylverfahren gem. § 42 AsylG. Solange, wie die positive Entscheidung aus dem Asylverfahren nicht widerrufen oder zurückgenommen worden ist durch das BAMF, muss die Ausländerbehörde jedenfalls eine neue Aufenthaltserlaubnis ausstellen. Es sollte bei der Ausländerbehörde ein Antrag auf Verlängerung, hilfsweise Neuausstellung einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis, zzgl. Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt werden. Die sollte über eine/n entsprechend spezialisierten Anwalt/Anwältin geschehen.

Frage: Welche Tätigkeiten dürfen im Moment Personen ausüben, die keine Arbeitserlaubnis haben und nur im Besitz einer Duldung sind? Wie ist das Prozedere? Was genau muss die Person in welcher Reihenfolge machen?

Antwort: Wer im Besitz einer Duldung ist, darf grds. unselbstständig tätig sein, soweit kein Beschaftigungsverbot besteht gem. § 60 a VI AufenthG und die Arbeitsstelle geltendem Tarifvertragsrecht und den Arbeitsschutzbestimungen genügt. Der Arbeitgeber muss ein entsprechendes Formular ausgefüllt beim Ausländeramt einreichen. Nach 48 Monaten Aufenthalt in Deutschland mit Aufenthaltsgestattung und/oder Duldung muss selbst diese Anzeige der Beschäftigung nicht mehr erfolgen.

Frage: Wer übernimmt die Kosten, wenn die Menschen mit Schengenvisum ihre Lebensunterhalt in der verlängerten Zeit nicht selbst aufkommen können?

Antwort: Grds. müssen die Personen, die eine Verplichtungserklärung für den Lebensunterhalt vor der Einreise abgegeben haben gem. § 68 AufenthG, für den Lebensunterhalt einstehen für einen Zeitraum von max. 5 Jahren. Sozialhilfeansprüche sind gesetzlich grds. nicht vorgesehen für Menschen mit Schengen-Visum. Nur, wenn der Verpflichtungsgeber finanziell nicht (mehr) in der Lage sein sollte, diese Leistungen zu erbringen, kommen Sozialhilfeansprüche u.U. in Betracht.

Frage: Rückführungen sind im Moment im Rahmen von Dublin III nicht möglich. Werden die Fristen für Rücküberstellungen nach Dublin III ausgesetzt oder laufen sie weiter?

Antwort: Das BAMF schreibt derzeit Betroffene an und informiert sie, dass die Vollziehung der Überstellungen ausgesetzt werden gem § 80 IV Verwaltungsgerichtsordnung. Es ist rechtlich aber hoch umstritten, ob diese Erklärungen rechtlich wirksam sind. Im Zweifel ist hier Rat einzuholen bei entsprechend spezialisierten Anwält_innen.

Frage: Wie verhält es sich mit Familienzusammenführungen über Dublin III? Gilt die Grenzschließung auch für Familienangehörige von hier Schutzberechtigten, die in einem anderen EU-Staat einen Asylantrag gestellt haben und für die das BAMF schon festgestellt hat, dass Deutschland das Asylverfahren übernehmen wird?

Antwort: Grenzübertritt durch Angehörige von Drittstaaten ist derzeitig grds. zulässig aus besonders wichtigen Gründen. Die Entscheidung darüber treffen die Beamt_innen der Bundespolizei am Grenzübergang. Vorabzusagen sind nach Auskunft des DRK nicht möglich. Sollte Deutschland nach 6 Monaten Zusage zu einer Familienzusammenführung nach Dublin-III-Verordnung immer noch keine Übernahme organisiert haben, so kann ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht gegen die Bundesrepublik Deutschland gestellt werden (so die Rechtsprechung, zB VG Wiesbaden). Hierbei sollte die Unterstützung durch entsprechend spezialisierte Anwält_innen in Anspruch genommen werden.

Frage: Könnten MigrantInnen in einer Gemeinschaftsunterkunft Unterbringung in einer Wohnung einklagen?

Antwort: Es sollte unter Hinweis auf die jeweiligen Abstandsregelungen in den jeweiligen Corona-Verordnungen der Länder ein Antrag gestellt werden auf Zuweisung in eine Kommune an die für die Zuweisung zuständige Behörde zzgl. kurzer Frist (1 Woche). Bei Ablehnung bzw. Untätigkeit kann ein Eilantrag gegen das Land, vertreten durch diese Behörde, gestellt werden auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 Verwaltungsgerichtsordnung. Es gibt entsprechende Rechtsprechung bei den VG Leipzig, Chemnitz, Dresden, Münster und Karlsruhe. Hierfür sollte Unterstützung durch entsprechend spezialisierte Anwält_innen in Anspruch genommen werden.

Frage: Kann ein Aufenthaltstitel (subsidiärer Schutz) wieder entzogen wegen, wenn bei der Passbeschaffung nicht mitgewirkt wird (Strafantrag läuft bereits)? und die Person dann gezwungenerweise eine Duldung nach 60b erhält.

Antwort: Der Aufenthaltstitel kann entzogen werden, wenn die Ausländerbehörde eine Ausweisungsverfügung erlässt wegen „hartnäckiger Verweigerung“ der Mitwirkung gem. § 54 II Nr. 8 AufenthG. Die Strafanzeige kann dabei eine Vorstufe dazu sein. Ansonsten darf der Widerruf des Aufenthaltstitels nur geprüft werden, wenn der Asylstatuts rechtskräftig durch das BAMF widerrufen oder zurückgenommen worden ist.

Frage: Haben Sie Empfehlungen für Versuche der Familiennachzüge die zeitlich ja oft Engpässe haben (baldige Volljährigkeit, kurze Gültigkeitsdauer der Visa und fehlende Reisemöglichkeit) und es da eben KEINE Sonderregelungen gibt.

Antwort: Bei drohender Volljährigkeit des Stammberechtigen in Deutschland kann ein Eilantrag beim VG Berlin gegen die Bundesrepublik Deutschland gestellt werden, um eine Beschleunigung zu erreichen. Hierfür sollte Unterstützung durch entsprechend spezialisierte Anwält_innen in Anspruch genommen werden.

Frage: Wissen Sie, wie lange die ABH geschlossen haben

Antwort: Dies regeln die Länder als die Aufsichtsbehörden für die Arbeit der Ausländerbehörden.

Frage: Welche EU-Nationen verweigern sich?

Antwort: 20 EU-Mitglieder haben zugesichert, Asylsuchenden Zugang zu Asylverfahren im jeweiligen Land zu gewähren, wenn sie sich als Asylsuchende an der Grenze zu erkennen geben. Dies entspricht geltendem Völkerrecht, insb. der Genfer Flüchtlingskonvention.

Frage: Passbeschaffung ist derzeit nicht möglich. Droht jetzt die „Duldung-light“ oder wird nach wie vor die gewohnte Duldung, die für die asylrechtlichen Anrechnungszeiten wichtig ist, einfach verlängert?

Antwort: Um eine Duldung light gem. § 60b AufenthG abzuwenden, muss dargelegt werden, dass der Betroffene Alles ihr/ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um ihre/seine Identität i.R.d. gesetzlichen Regelungen zu klären. Dabei sind natürlich die aktuellen Umstände durch die Corona-Pandemie zu berücksichtigen, die dazu führen können, dass eine Identitätsklärung unverschuldet bis dato unterblieb, zB weil Botschaften geschlossen haben etc. Dies muss aber dargelegt werden durch den Flüchtling.