Geeignete Lernorte – Nicht nur eine Frage der Atmosphäre

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Das beste Angebot wird nicht genutzt, wenn der Ort unpassend ist. Daher lohnt sich eine Auseinandersetzung mit den Fragen: Wo sollte der Lernort sein? Wie sollte er eingerichtet werden? Welche Bedingungen müssen sonst noch stimmen?

Tiny House in Berlin-Spandau © vhs-Ehrenamtsportal

Welche Lernorte bieten sich für ehrenamtliche Lernbegleitungen an?

Eine hohe räumliche und zeitliche Flexibilität gilt als wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Beratung von Lernenden und Ehrenamtlichen, für das Zustandekommen von Tandems und für deren langfristige Zusammenarbeit. Diese Erfahrungen machten auch unsere beiden Praxisbeispiele, die in Trier und Frankfurt a.M. Lernbegleitsysteme etabliert haben. Ihr Rat für Nachahmerinitiativen:

Der gemeinsame Treffpunkt der Lerntandems sollte für Lernende und Ehrenamtliche räumlich problemlos erreichbar, frei zugänglich und gut in ihren Tagesablauf zu integrieren sein. Lernende müssen sich in den Räumlichkeiten wohlfühlen, um ein Angebot annehmen zu können. Ein Ort, der an Schule erinnert, ist daher ungeeignet.


Für die Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit eignen sich – je nach örtlichen Begebenheiten – verschiedene öffentliche oder überbetriebliche Räume als Lernorte:

  • Bibliotheken
  • Volkshochschulen
  • Bildungseinrichtungen
  • Familienzentren und Mehrgenerationenhäuser
  • Räumlichkeiten von karitativen Einrichtungen
  • Handwerkskammern
  • ...

Räumlichkeiten durch Kooperationen erschließen

Wenn Sie ein Lernbegleitsystem aufbauen möchten, nutzen Sie Ihr Netzwerk, um Räumlichkeiten für die Treffen der Tandems zu erschließen! Fragen Sie beteiligte Kooperationspartner und weitere Akteur*innen in den Stadtteilen, in denen die Tandempartner leben und arbeiten, nach ihren Raumressourcen. Bedenken Sie dabei, welchen Anforderungen die Räume genügen müssen.

Hier zwei Beispiele aus Trier:

Daneben entschieden sich einige Tandems, nachdem sie sich schon näher kannten, in Absprache mit der koordinierenden Stelle die Treffen in Ausnahmesituationen auch privat – entweder bei den Lerner*innen oder den Lernbegleiter*innen zu Hause – stattfinden zu lassen. Trotzdem wurde auch hier deutlich, dass es entlastend ist, wenn es eine zentrale Anlaufstelle und öffentliche Räume gibt, die genutzt werden können.

Wenn die Tandems öffentliche Räume nutzen, sind Kooperationsvereinbarungen zwischen Ihrer Initiative und den Einrichtungen vor Ort sinnvoll. Darin sollte u.a. festgelegt werden, wer welche Aufgaben übernimmt, ob sich die Verantwortlichen vor Ort mit um die Organisation der Lernbegleitungen kümmern und inwieweit sie neben den Räumen weitere Ausstattung wie z.B. Laptops, Medien oder Lern- und Übungsmaterialien zur Verfügung stellen können.

Das Lerncafé als familiärer Lernort


Hier geht man halt rein und man denkt, wow, die Atmosphäre ist ja gleich vertrauter, warmherziger und es sieht halt nicht aus wie so ein Klassenzimmer, sagt Lernerin Yvonne in der Kurzdoku: Gemeinsam unterwegs – Zu Besuch im Lerncafé in Potsdam.


Von Lernerin Yvonne erfahren wir in unserer Doku über das Lerncafé in Potsdam am Schlaatz, wie wichtig Atmosphäre, Wohlfühlen und ein Ort ab von gewohnten Lernräumen ist. In die Volkshochschule bei ihr vor Ort hat sie sich bislang nicht hinein getraut. In dem Lerncafé engagieren sich ehrenamtliche Lernbegleiter*innen in einem Viertel in Potsdam, das als sozialer Brennpunkt gilt.

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https://youtu.be/ExiTi3QswvI

Der absolute Vorteil der Andockung ehrenamtlicher Lernbegleitungen in Lerncafés in den Stadtteilen ist die Wohnortnähe und häufig auch die Anbindung an soziale Einrichtungen, die den Anwohner*innen vertraut sind und zu unterschiedlichen Gelegenheiten im Alltag aufgesucht werden – beispielsweise zur Kinderbetreuung, zum Seniorenfrühstück oder zu Beratungsgesprächen. Dies ermöglicht einen niedrigschwelligen und kostenlosen Zugang, der im Rahmen von Angeboten im Stadtzentrum und in traditionellen Bildungsinstitutionen oft nicht gegeben ist. Die Lerncafés haben feste Öffnungszeiten, meist an einem Tag in der Woche. Eine Anwesenheitspflicht gibt es nicht.

Praxisbeispiel Stadtbücherei Trierer


Lerntreff in der Trierer Stadtbücherei © Stadtbücherei Trier

Der Lerntreff in der Stadtbücherei Trier im Bildungs- und Medienzentrum ist eine zentrale Anlaufstelle für Lernende sowie für Akteur*innen aus der Grundbildungsarbeit. Die Vorteile dieses Lernorts liegen in seiner guten Erreichbarkeit, den großzügigen Öffnungszeiten und dem flexiblen und multifunktionellen Mobiliar, das es erlaubt, verschiedene offene und geschlossene Lernsettings wie Einzel- und Gruppenarbeitsplätze zu schaffen. Mittels Paravents lassen sich Nischen einrichten. Auch der Kubus – eine „Raum-in-Raum-Lösung“ – ist eine tolle Idee, die den Lerner*innen und Lernbegleiter*innen mit einfachen Mitteln Rückzugsmöglichkeiten bietet. Er zeigt eindrücklich, wie kreative Lösungen für die Bedürfnisse der Lernenden gefunden und umgesetzt werden können. Darüber hinaus verfügt der Lerntreff über eine ausgezeichnete Ausstattung mit Medien und Materialien für die Grundbildungsarbeit, was eine wichtige Grundlage für die gemeinsame Arbeit der Tandems darstellt.

Grundsätzlich sollte die Raumsituation in der Einrichtung zum Lernen geeignet sein und Möglichkeiten bieten, unterschiedliche Lehr- und Lernmittel einzusetzen. Zu beachten sind etwa: Möblierung, Stromversorgung, WLAN-Zugang, Lüftung, Lärmschutz sowie Gesprächs- und Rückzugsmöglichkeiten. Auch die Aufenthaltsqualität sollte nicht unterschätzt werden.

Idealerweise bieten Sie am selben Ort auch Beratungs- und Unterstützungsangebote wie Erst- und Matchinggespräche oder Gruppeneinführungen zum Kennenlernen der Räumlichkeiten und des Medien- und Materialangebots an.

Weiterführende Materialien

Zum Aufbau offener Lernangebote in den Lerncafés der Stadtteile und dem Lerntreff in der Stadtbücherei Trier lesen Sie auch diese APAG-Broschüre „Neue Lernorte. Kostenlose Grundbildungsangebote für Erwachsene“.

Neue Lernorte - 2.98 MB

Sie möchten mehr über das Projekt GRUBISO wissen? Hier erfahren Sie am Beispiel der vhs Potsdam, was beim Aufbau niedrigschwelliger Lernangebote wichtig ist und wie die Ansprache von Menschen mit geringen Lese- und Schreibkompetenzen gelingt:

Broschüre Praxisbericht: GRUBISO – Grundbildung im Sozialraum - 4.43 MB

Mehr zur Gestaltung von Lernorten erfahren Sie in der Broschüre "Lernortgestaltung", die Sie hier kostenlos herunterladen können.

Lernortgestaltung - 2.7 MB

Dass Orte und Räume eine Schlüsselrolle in der Grundbildungsarbeit spielen, zeigt auf eindrückliche Weise auch unsere Kurzdoku Gemeinsam unterwegs – Mit der Mobilen Beratung in Berlin-Spandau. Für diese Doku haben wir Sozialarbeiter Sven Schaub einen Tag lang zu den Orten begleitet, an denen sich Menschen aufhalten, die nicht (ausreichend) lesen und schreiben können. Erfahren Sie, wen er alles im Sozialraum anspricht, um Lernende aufzuspüren und sie in Lernangebote zu vermitteln. Und wie das Lerntandem aus Lernbegleiter Klaus und Lerner Dirk zueinander gefunden hat. Hier geht's zum Film.


Autorenbild

Die Inhalte dieser Themenwelt wurden in Kooperation mit dem Projekt Knotenpunkte für Grundbildung entwickelt. Sie sind angelehnt an die Handreichung „Aufbau und Entwicklung eines ehrenamtlichen Lernbegleitsystems. Praxishandbuch für Institutionen“ aus dem Jahr 2018. Das Projekt wird durch die Stadt Trier umgesetzt. Ansprechpartner*innen sind unsere Expertinnen Dr. Nina Krämer-Kupka und Annelie Cremer-Freis. Maßgeblich beteiligt an der Handreichung war zudem Dr. Susanne Barth.

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Welche Lernorte kennen Sie noch?

Sicher gibt es noch weitere passende Lernorte. Wir freuen uns, wenn Sie hier in den Kommentaren Ihre Ideen mit der Community teilen. Welche Lernorte eignen sich besonders gut für welche Lernanlässe? Was sind Ihre Erfahrungen?