Das mitwissende Umfeld als Ressource für Grundbildungsarbeit

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Fachkräfte aus den verschiedensten Feldern des öffentlichen Lebens wissen oft um die Lese- und Schreibschwierigkeiten ihrer Klient*innen. Doch Sie gehen unterschiedlich mit diesem Wissen um. Wie Sie als Grundbildungsexpert*in diesen verschiedenen Umgangsweisen begegnen können, lesen Sie in dieser Lektion.

Wer kennt betroffene Personen? Das mitwissende Umfeld


Quelle: Umfeldstudie, Universität Hamburg, n = 562 mitwissende Personen in Hamburg

Bis im Jahr 2013 die erwachsenen Einwohner*innen aus Hamburg repräsentativ befragt wurden, gingen viele davon aus, dass funktionaler Analphabetismus ein "Tabuthema" ist. Tatsächlich war den Befragten die Thematik aus eigenen Kontakten im persönlichen Umfeld jedoch recht bekannt. Vierzig Prozent der (Hamburger) Bevölkerung kennen mindestens eine erwachsene Person, die gut deutsch spricht, aber nicht gut lesen und schreiben kann. Man kennt sich und weiß um das Thema, sei es im Freundschafts- oder Bekanntenkreis (39%), im Beruf (28%), in der Familie (15%) oder in der Nachbarschaft (9%).

Wie gehen Fachkräfte mit dem Wissen über Lese- und Schreibschwierigkeiten um?

Eine besondere Gruppe bilden die Personen ab, die Betroffene im Rahmen des Berufsalltags kennen, weil sie ihnen als Ärzt*innen, Berater*innen, Erzieher*innen oder Mitarbeitende einer Behörde begegnen. Dies nannte die Hamburger Studie Mitwisserschaft im professionellen Bereich. In Interviews wurde genauer untersucht: Wie gehen solche Personen mit dem Wissen über Lese- und Schreibprobleme um? Sprechen sie diese offen an? Wie unterstützen sie betroffene Personen?

Die Studie beschrieb daraufhin vier Typen der Mitwisserschaft:

Welche Typen der Mitwisserschaft kommen Ihnen aus Ihrem beruflichen Alltag bekannt vor?
Melden Sie sich an, um an der Umfrage teilzunehmen.

Handlungsempfehlungen für die unterschiedlichen Mitwisserschaftstypen

Je nach Typ der Mitwisserschaft haben Sie als Grundbildungsexpert*in verschiedene Optionen, mit möglichen Multiplikator*innen ins Gespräch zu kommen. So unterstützen Sie sie dabei, den Umgang mit ihrem Wissen und den betroffenen Personen zu reflektieren und ggf. zu verändern:

Das mitwissende Umfeld einbinden

Die Ansprache und Beratung von Menschen, die über geringe Schriftsprachkompetenzen verfügen, stellen zentrale Herausforderungen dar.

Gelingt es, das mitwissende Umfeld mithilfe der oben beschriebenen Handlungsempfehlungen ins Boot zu holen und in seiner Handlungskompetenz zu stärken, können Kooperationen von Weiterbildungseinrichtungen wie zum Besispiel Volkshochschulen mit sozialräumlichen Partnern für die Ansprache der Zielgruppe sehr vielversprechend sein.

Das bestätigt auch eine Befragung von Fachkräften in Handlungsfeldern der Sozialarbeit, die im Rahmen des Verbundsvorhabens InSole – In Sozialräumen lernen des Deutschen Volkshochschul-Verbandes e. V. (DVV) stattgefunden hat. Schauen Sie rein.



Fachkräfte der Alphabetisierung und Grundbildung geben das Know-How zur Ansprache und Beratung von Menschen, die über geringe Schriftsprachkompetenzen verfügen, an „professionelle Mitwisser“ weiter. Zu ihren zentralen Aufgaben gehört es:

  • Fachkräfte ins Boot zu holen und sie für den Umgang mit dem Thema zu stärken
  • Passende Angebote vorzuhalten
  • Mehr informelle Lerngelegenheiten zu schaffen

Weiterführende Informationen

Sie interessieren sich für die Ergebnisse der Befragung von Fachkräften in Handlungsfeldern der Sozialarbeit? Laden Sie hier die Präsentation herunter.

Die Umfeldstudie der Universität Hamburg hat ihr Interessen geweckt? Hier können Sie die Studie lesen und herunterladen.


Autorenbild

Dr. Barbara Dietsche ist pädagogisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin an der vhs Frankfurt und Koordinatorin des Projekts 1zu1 Basics. Im Projekt legt sie ihren Schwerpunkt auf Kooperationsmanagement und Gesamtkonzeptentwicklung sowie auf die inhaltliche Steuerung, um Strukturen vor Ort in Frankfurt am Main aufzubauen. Im vhs-Ehrenamtsportal ist sie Protagonistin der Videoreihe Drei Fragen an... Dr. Barbara Dietsche zu Ehrenamt und Multiplikator*innen in der Grundbildung.

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