Studium und Weiterbildung

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Welche Schritte sind nötig, wenn Geflüchtete in Deutschland ein Studium beginnen oder fortsetzen möchten und wie können Sie sie als Ehrenamtliche*r dabei begleiten? Welche Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es und wo findet man konkrete Weiterbildungsangebote? In folgender Lektion erhalten Sie Tipps zu Studium und Weiterbildung sowie weiterführende Hinweise und Beratungsangebote.

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Studieren in Deutschland: Erste Schritte vor Aufnahme eines Studiums

Rund 2.700 Studierende mit Fluchterfahrung haben sich laut einer Befragung der Hochschulrektorenkonferenz im Wintersemester 2019/2020 neu an deutschen Hochschulen eingeschrieben. Seit 2015 sind über 10.000 Studierende mit Fluchterfahrung neu hinzugekommen.

Geflüchtete, die sich für ein Studium in Deutschland interessieren, sind bei der Zulassung anderen internationalen Studienbewerber*innen gleichgestellt. Die Aufnahme eines Studiums ist unabhängig vom Aufenthaltsstatus möglich. Studieninteressierte mit einer Aufenthaltsgestattung oder einer Duldung stehen jedoch aufgrund gesetzlicher Einschränkungen vor besonderen Herausforderungen bezüglich der Mobilität (Wohnsitzauflage), der Lern- und Lebenssituation (Sammelunterkünfte, Internetanschluss) und der Finanzierung des Studiums.

Als Ehrenamtliche*r können Sie Geflüchtete vor allem dabei unterstützen, sich im deutschen Hochschulsystem zu orientieren: Sie können gemeinsam die Voraussetzungen klären, einen den persönlichen Kompetenzen und Interessen entsprechenden Studiengang und eine Hochschule suchen oder den Kontakt zu einer Beratung zu Fördermöglichkeiten herstellen. Darüber hinaus können Sie bei der Vorbereitung auf eine Feststellungsprüfung oder bei der Zusammenstellung der Bewerbungsunterlagen helfen.

Studienvoraussetzungen klären

Voraussetzungen für die Aufnahme eines Studiums sind eine Hochschulzugangsberechtigung (je nach Hochschultyp die Hochschulreife oder Fachhochschulreife), ausreichende Deutschkenntnisse in der Regel auf dem Niveau C1 sowie eventuell weitere Zugangsvoraussetzungen je nach Studiengang.

Ob die Voraussetzungen für ein Studium vorliegen, entscheidet bei ausländischen Abschlüssen das Akademische Auslandsamt/International Office der jeweiligen Hochschule oder die Servicestelle „uni-assist“.

Inwiefern Studien- und Prüfungsleistungen, die bereits im Ausland absolviert wurden, auf ein Studium in Deutschland angerechnet werden können, entscheiden die Hochschulen. Informationen hierzu erteilen die Akademischen Auslandsämter.

Über die Datenbank anabin ist es möglich, sich vorab über die Bewertung eines ausländischen Studienabschlusses zu informieren.

Wenn der im Herkunftsland erworbene Schulabschluss nicht für die Aufnahme eines Studiums in Deutschland ausreicht, muss eine sogenannte Feststellungsprüfung absolviert werden. Auf diese Prüfung können sich internationale Studierende an einem Studienkolleg einer Hochschule vorbereiten. Bei der Bewerbung für ein Studienkolleg müssen Deutschkenntnisse mindestens auf dem Niveau B1 nachgewiesen werden.

Studiengang und Hochschule finden

In Deutschland gibt es unterschiedliche Arten von Hochschulen (Universitäten, Technische Hochschulen, Musik- und Kunsthochschulen, Pädagogische Hochschulen, Fachhochschulen, Verwaltungsfachhochschulen) und über 18.600 Studiengänge, darunter rund 9.000 Bachelor- und 8.000 Masterstudiengänge. Die Unterrichtssprache ist meistens Deutsch, es gibt jedoch auch viele Kurse und Studiengänge auf Englisch.

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Informationen zu Studienfeldern und Studienfächern finden sich auf den Informationsseiten Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz und „Studienbereiche entdecken!“ der Agentur für Arbeit sowie speziell für Geflüchtete (auch in englischer Sprache) unter www.study-in-germany.de/fluechtlinge/studiengangssuche/.

Neben den klassischen Studiengängen, die ausschließlich an Hochschulen stattfinden, werden vermehrt auch duale Studiengänge angeboten. Bei einem dualen Studium haben Studierende die Möglichkeit, eine Hochschule zu besuchen und gleichzeitig Praxiserfahrungen in einem Unternehmen zu sammeln.

Duale Studiengänge werden in unterschiedlicher Form insbesondere in Wirtschaftswissenschaften, Informatik, in den Ingenieurwissenschaften und zunehmend auch im Sozialwesen angeboten. In der Regel erhalten die Studierenden eine Ausbildungsvergütung.

Weiterführende Informationen zum dualen Studium, eine Übersicht der angebotenen Studiengänge und freier Studienplätze bietet der Wegweiser Duales Studium.

Studienorientierung

Geflüchtete, die sich hinsichtlich ihrer Studieninteressen noch orientieren möchten, können an dem Studierfähigkeitstest „TestAS für Flüchtlinge teilnehmen. Der ca. vierstündige Test prüft die allgemeine und fachliche Eignung zum Studium und kann einmalig kostenlos in den Sprachen Deutsch (mindestens Niveau B1), Englisch und Arabisch abgelegt werden.

Bei der Einschätzung der eigenen Kompetenzen und Interessen hilft auch das Selbsterkundungstool der Agentur für Arbeit und der Studium-Interessentest (SIT) der Hochschulrektorenkonferenz. Hierbei werden ein persönliches Interessenprofil und eine Liste mit passenden Studiengängen erstellt.

Weitere Informationen zur Studienorientierung finden Sie in der Lektion „Berufs- und Studienorientierung“.

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Persönliche Beratung zu allen Schritten der Studienorientierung und Studienplanung bieten die Akademischen Auslandsämter/International Offices der Hochschulen und die Studienberatungsstellen der Hochschulen und der Agentur für Arbeit. Viele Hochschulen haben darüber hinaus zumeist kostenlose Orientierungsangebote (teilweise auch speziell für Geflüchtete) wie die Teilnahme an Veranstaltungen als Gasthörer oder ein Schnupperstudium. Zudem gibt es eine Reihe von Programmen und (privaten) Initiativen, die Geflüchtete in allen Bereichen bei der Integration ins Studium unterstützen.

Studiengebühren und Fördermöglichkeiten

Für ein Bachelor-Studium an staatlichen deutschen Hochschulen werden grundsätzlich keine allgemeinen Studiengebühren erhoben. Jeder Studierende muss sogenannte Semesterbeiträge leisten. Für bestimmte Masterprogramme können Studiengebühren anfallen. Private Hochschulen erheben meist deutlich höhere Gebühren. Zur (Teil-)Finanzierung eines Studiums werden von der Begabtenförderung des Bundes und mehreren Stiftungen Stipendien vergeben.

Angebote zur Studienförderung für Geflüchtete sind auf der Seite stipendienlotse.de des Bundesbildungsministeriums und dem Deutschen Bildungsserver zusammengestellt.


Eine besondere Unterstützung gibt es durch das Bundesprogramm „Bildungsberatung Garantiefonds Hochschule“ (GF-H). Das Programm unterstützt junge Zugewanderte bei der Vorbereitung eines Hochschulstudiums. Geflüchtete können hierbei auch die Zulassung zu einer finanziellen Förderung beantragen. Die Bildungsberatung stellt Informationen zu „Studienberatung und Förderung für Zugewanderte in acht Sprachen bereit.

Anspruch auf staatliche Ausbildungsförderung (BAföG) haben Geflüchtete mit einer Aufenthaltserlaubnis sowie geduldete Personen mit Arbeitsmarktzugang. Geflüchtete müssen das Darlehen auch dann zurückzahlen, wenn sie später in ihr Heimatland zurückkehren. Weitere Informationen finden sich unter bafög.de.

Bewerbung um einen Studienplatz

Je nach Studienfach und Herkunft der Studienbewerber*innen gibt es verschiedene Wege, sich um einen Studienplatz zu bewerben. Zuständig für die Bewerbung ist entweder die Stiftung für Hochschulzulassung, die Servicestelle uni-assist oder die Hochschule selbst. Im Akademischen Auslandsamt/International Office der Hochschule erfährt man, wie der Bewerbungsprozess abläuft. Die Anforderungen und Fristen sind von Hochschule zu Hochschule und teilweise auch von Fach zu Fach unterschiedlich. Die Bewerbungsfrist endet meist mehrere Monate vor Semesterbeginn. Anfallende Kosten übernimmt für Geflüchtete unter bestimmten Bedingungen der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD).

Umfassende Informationen zu allen Fragen rund um das Thema „Studieren in Deutschland“ für Geflüchtete bietet das zweisprachige Portal www.study-in-germany.de/fluechtlinge/studieren/ des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD).

Welche Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es und wo findet man konkrete Weiterbildungsangebote, Beratungsstellen und Fördermöglichkeiten?

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In Deutschland gibt es viele Möglichkeiten, sich auch nach einem beruflichen oder akademischen Abschluss weiterzubilden. Im Rahmen der Erwachsenenbildung können allgemeine oder berufliche Qualifikationen oder Schulabschlüsse erworben werden.

Von der Vielzahl an Weiterbildungsangeboten können auch Geflüchtete profitieren. Mit der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung können die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden. Für Menschen mit ausländischen Berufsqualifikationen kann Weiterbildung außerdem ein wichtiger Schritt zur vollen Anerkennung ihres Berufsabschlusses sein (Anpassungsqualifizierung). Die meisten Angebote sind kostenpflichtig, es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten einer finanziellen Förderung.

Als Ehrenamtliche*r können Sie mit den Geflüchteten gemeinsam überlegen, inwieweit eine Weiterbildung die Erreichung ihrer beruflichen und persönlichen Ziele fördern kann, welche Themen in Frage kommen und welche Lernformate geeignet sind. Zudem können Sie bei der Suche nach einem passenden Angebot und der Klärung finanzieller Fragen unterstützen. Häufig ist es sinnvoll oder notwendig, eine persönliche Beratung in Anspruch zu nehmen.


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Weiterbildungen werden klassischerweise als Präsenzveranstaltungen angeboten. In Tages- oder Abendkursen in Weiterbildungseinrichtungen können Teilnehmende ihr Wissen und ihre Kompetenzen erweitern. Neben Themen wie Politik, Kultur oder Gesundheit gibt es eine große Anzahl beruflicher Weiterbildungen, die fachübergreifende Kompetenzen (wie EDV-Kenntnisse oder Fremdsprachen) oder berufsbezogene Fachkompetenzen (wie Baumaschinenführung oder Baurecht) vermitteln.

Darüber hinaus werden eine Reihe digitaler Lernformate (E-Learning-Kurse, Online-Seminare, Videokonferenzen) angeboten, teilweise auch in Kombination mit Präsenzveranstaltungen.

Weiterbildungskurse, Beratungsangebote und Fördermöglichkeiten im Bereich der Weiterbildung können über Online-Datenbanken recherchiert werden. Aufgrund der komplexen Angebotsstruktur und der unterschiedlichen Fördermöglichkeiten empfiehlt es sich, eine persönliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Als Ehrenamtliche*r können Sie bei allen vorbereitenden Schritten unterstützend wirken.


Kursangebote und Anbieter von Weiterbildung finden

Auf den folgenden Internetseiten finden Sie Kursangebote und Anbieter von Weiterbildungen:

Kostenfreie digitale Lernangebote bietet beispielsweise die Agentur für Arbeit mitOnline-Trainings rund um den Beruf“. Einige der Trainings können nur von Kundinnen und Kunden der Agentur für Arbeit genutzt werden.

Das vhs-Lernportal ist ein kostenfreies digitales Lernangebot des Deutschen Volkshochschul-Verbands e.V. für Deutsch als Zweitsprache, für Alphabetisierung und Grundbildung.

Die Website E-Learning-Plattformen bietet Erfahrungen und Informationen zu E-Learning Anbietern und Kursen an. Hier erfährt man, welche Kursanbieter kostenlos sind und ob diese auch ein Zertifikat anbieten.


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Weiterbildungsberatung und Qualitätssicherung

Ansprechpartner*innen für eine persönliche Beratung finden Sie über die folgenden Internetseiten:

Hilfestellung bei der Suche nach einer geeigneten Weiterbildung und der Beurteilung der Qualität eines Angebots bietet die zweiseitige Checkliste „Wie finde ich die richtige Weiterbildung? Qualitätskriterien, Tipps und Adressen“ des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE).

Finanzierung von Weiterbildung

Finanzielle Unterstützung für die Teilnahme an Weiterbildungen bieten

  • mehrere Förderprogramme des Bundes (zum Beispiel Bildungsprämie, Meister-BAföG): Antragsberechtigt sind jedoch in der Regel nur Ausländer*innen mit einer langfristigen Bleibeperspektive.
  • Förderprogramme der Bundesländer: welche der Programme von Geflüchteten genutzt werden können, erfährt man bei den IQ-Beratungsstellen (Netzwerk Integration durch Qualifizierung).
  • die Agentur für Arbeit: Im Rahmen der Förderung der beruflichen Weiterbildung kann die Agentur für Arbeit sogenannte Bildungsgutscheine ausstellen. Die Teilnahme muss notwendig sein, um den/die Arbeitnehmer*in „bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine konkret drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil die Notwendigkeit einer Weiterbildung wegen fehlenden Berufsabschlusses anerkannt ist.“ Vor Beginn der Teilnahme muss eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt sein. Unter welchen Bedingungen Geflüchtete diese Förderung in Anspruch nehmen können, zeigt die Übersicht „Zugang zu Arbeits- und Ausbildungsförderung für Geflüchtete“ der IQ Fachstelle.
  • Das InfoWeb Weiterbildung (IWWB) des Deutschen Bildungsservers ermöglicht eine bundesweite Suche nach Fördermöglichkeiten im Bereich der Weiterbildung.

● Die Aufnahme eines Studiums ist für Geflüchtete unabhängig vom Aufenthaltsstatus möglich, am einfachsten ist es jedoch mit einer Aufenthaltserlaubnis oder einer Aufenthaltsgestattung mit guter Bleibeperspektive. ● Eine ehrenamtliche Unterstützung ist unter anderem möglich bei der Klärung der Studienvoraussetzungen und der Fördermöglichkeiten, der Suche nach einem geeigneten Studiengang und einer Hochschule und der Zusammenstellung der Bewerbungsunterlagen. Zentrale Ansprechpartner sind die Akademischen Auslandsämter der Hochschulen. ● Von der Vielzahl an Weiterbildungsangeboten in Deutschland können auch Geflüchtete profitieren. Die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung verbessert oft die Chancen auf dem Arbeitsmarkt.


Autorenbild

Katja Stöhr-El Saman, Dipl.-Soziologin und Interkulturelle Trainerin, arbeitet seit rund zehn Jahren im Bereich der Berufsorientierung, darunter mehrere Jahre als Trainerin und Beraterin für Berufsorientierung für Migrant*innen. Zuletzt koordinierte sie ein Programm zum Übergang Schule-Beruf für die weiterführenden Schulen der Stadt Bonn.

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