Der Ablauf des Asylverfahrens in Deutschland

Zu den KommentarencommentsSVG

Von „A” wie Anhörung bis „Z” wie zu zahlende Kosten. Gewinnen Sie hier einen Einblick in das komplexe System des Asylverfahrens und finden Sie heraus, wie das BAMF einen Antrag prüft. Wie können Sie als Ehrenamtliche*r Geflüchtete hierbei unterstützen und wo könnten Kosten anfallen?


Letzte Aktualisierung: Oktober 2019  

Was ist ein „Asylantrag“?

Ein „Asylantrag“ im Sinne eines Asylersuchens liegt bereits vor, wenn eine geflüchtete Person erkennbar gegenüber einer deutschen Behörde mündlich den Willen äußert, dass sie Schutz vor Verfolgung oder vor Gefahren im Herkunftsstaat sucht (§ 13 I AsylG). Bereits ab diesem Moment fällt diese Person unter den Schutz des Artikel 16 a I GG sowie der Regelungen der Genfer Flüchtlingskonvention.

Wie erfolgt die Ersterfassung und Unterbringung von Asylsuchenden?

Die Ersterfassung und Unterbringung von Asylsuchenden ist in vier Schritte gegliedert:

Was prüft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge?

Zuständigkeit Deutschlands nach der sogenannten Dublin III-Verordnung

Das BAMF prüft zunächst die Frage, ob Deutschland für das Asylverfahren überhaupt zuständig ist. Dies geschieht im Rahmen des sogenannten Dublinverfahrens. Das Dublinverfahren hat seinen Namen von der EU-Dublin III-Verordnung (Dublin III-VO), mit der erreicht werden soll, dass in Europa für jede*n Geflüchtete*n nur ein Asylverfahren durchgeführt wird. Die Möglichkeit, dass Deutschland für das Asylverfahren nicht zuständig ist, besteht vor allem, wenn

  • Asylsuchende bereits in einem anderen Mitgliedstaat der EU, Island, Liechtenstein, Norwegen oder der Schweiz Asyl beantragt haben,
  • Asylsuchende aus anderen Gründen (z. B. wegen illegaler Einreise) in einem dieser Staaten von den Behörden als Asylsuchende registriert wurden, oder
  • wenn Asylsuchende mit einem Touristenvisum („Schengen-Visum“) eingereist sind, das einer der oben angegebenen Staaten ausgestellt hat.

Darüber hinaus müssen vom BAMF noch weitere Gründe geprüft werden, die für eine mögliche Zuständigkeit Deutschlands sprechen. Dies kann besonders bei Minderjährigen der Fall sein sowie bei Personen, die bereits enge Verwandte in Deutschland haben. Daneben können auch drohende Menschenrechtsverletzungen in einem anderen europäischen Land (etwa aufgrund menschenunwürdiger Aufnahmebedingungen) einen Grund dafür darstellen, dass Deutschland das Verfahren übernehmen muss.

Ergibt die Prüfung, dass ein anderer Staat für das Verfahren zuständig ist, kann Deutschland mit diesem Staat Kontakt aufnehmen und ihn bitten, den betroffenen Geflüchteten zurückzunehmen (sogenanntes „Übernahmeersuchen“). Stimmt dieser zu oder reagiert er in einer bestimmten kurzen Frist nicht, geht die Zuständigkeit auf den anderen Staat über. Das BAMF kann nun einen sogenannten „Dublin-Bescheid“ erlassen, in dem es den Asylantrag als „unzulässig“ ablehnt und die Überstellung in den zuständigen Staat anordnet.

Gelingt die Überstellung nicht in dem von der Dublin III-Verordnung vorgegebenen Zeitraum von in der Regel sechs Monaten, geht die Zuständigkeit für das Verfahren wieder auf Deutschland über.

Prüfung des Schutzbedarfs durch das BAMF nach § 13 AsylG

Das BAMF prüft den Schutzbedarf von Geflüchteten anhand vier verschiedener Schutznormen: Asylberechtigung, Flüchtlingsanerkennung, subsidiärer Schutz und „nationale Abschiebungsverbote“:

Einreisesperre und Aufenthaltsverbot, § 11 AufenthG

Im Falle einer Ablehnung legt das BAMF in dem Bescheid gemäß § 11 AufenthG fest, für wie lange die betroffene Person nicht mehr nach Deutschland zurückkehren darf.

Wie läuft die Anhörung von Asylsuchenden beziehungsweise das Interview beim BAMF ab?

Der folgende Film von www.asylindeutschland.de ist ein Informationsfilm für Geflüchtete in Deutschland. Es geht um die Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Anhörung ist ein Gespräch, in dem man seine Fluchtgeschichte erzählt. Es ist der zentrale Moment eines*r jeden Asylsuchenden. Denn danach wird entschieden, ob man als Flüchtling anerkannt wird oder nicht. Dieses Video steht auch in 18 weiteren Sprachen zur Verfügung. Schauen Sie es sich mit dem oder der Geflüchteten, den/die Sie betreuen, einmal an!

Wichtiger Hinweis: Wenn Sie auf diesen Link gehen, werden Inhalte aus folgendem Kanal angezeigt und Verbindungen zu den jeweiligen Serven aufgebaut.

Der DVV e.V. macht sich die durch Links erreichbaren Webseiten Dritter nicht zu eigen und ist für deren Inhalt nicht verantwortlich. Der DVV e.V. hat keinen Einfluss darauf, welche personenbezogenen Daten von Ihnen auf dieser Seite verarbeitet werden. Nähere Informationen können Sie hierzu der Datenschutzerklärung des Anbieters der externen Webseite entnehmen.

Inhalte des folgenden Kanals werden angezeigt:
https://www.youtube.com/watch?v=Uuad8V5f_QA

Quelle: http://www.asylindeutschland.de/de/film-2/

Die persönliche Anhörung durch das BAMF ist das „Herzstück“ des Asylverfahrens. Die Asylbewerber*in wird durch das BAMF zu der Anhörung geladen. Das Bundesamt stellt für die Anhörung eine*n Dolmetscher*in.  

Wichtig! Sobald den Geflüchteten Verständigungsprobleme auffallen, müssen diese dem BAMF sofort bei Beginn der Anhörung mitgeteilt werden. Weisen Sie Geflüchtete unbedingt darauf hin, dass sie keine Scheu haben sollen, dies anzusprechen. Dieses Interview bestimmt den weiteren Verlauf ihres Asylverfahrens!

Nachdem die asylsuchende Person ihre Fluchtgründe im Zusammenhang erzählen durfte, stellt die Einzelentscheider*in des BAMF in der Regel noch Fragen, um zu testen, ob die geflüchtete Person tatsächlich Selbsterlebtes berichtet. Geflüchtete müssen dabei in der Lage sein, ihre Fluchtgründe glaubhaft zu machen. Es ist nicht erforderlich, sie zu beweisen, etwa durch Fotos oder Ähnliches. Glaubhaftmachung bedeutet, die Erlebnisse ohne Widersprüche, lebensnah, anschaulich und reich an Details zu berichten.

Wichtig! Am Ende des Interviews haben Geflüchtete das Recht, sich das Protokoll Satz für Satz rückübersetzen zu lassen. Dieses Recht sollte immer und ausnahmslos wahrgenommen werden.

Welche Kosten können im Rahmen des Asylverfahrens entstehen?

Jens Dieckmann, Rechtsanwalt und Experte für Asylrecht, erklärt im Video, mit welchen Kosten ein Asylverfahren verbunden sein kann und welche Formen der finanziellen Unterstützung es gibt.   

Wichtiger Hinweis: Wenn Sie auf diesen Link gehen, werden Inhalte aus folgendem Kanal angezeigt und Verbindungen zu den jeweiligen Serven aufgebaut.

Der DVV e.V. macht sich die durch Links erreichbaren Webseiten Dritter nicht zu eigen und ist für deren Inhalt nicht verantwortlich. Der DVV e.V. hat keinen Einfluss darauf, welche personenbezogenen Daten von Ihnen auf dieser Seite verarbeitet werden. Nähere Informationen können Sie hierzu der Datenschutzerklärung des Anbieters der externen Webseite entnehmen.

Inhalte des folgenden Kanals werden angezeigt:
https://www.youtube.com/watch?v=QnkGq0W8lQQ

Sie haben nun den Ablauf des Asylverfahrens in Deutschland kennengelernt. Was können Sie als Hintergrundinformation für Ihre ehrenamtliche Tätigkeit mitnehmen?
►  Zu Beginn des Asylverfahrens werden Geflüchtete registriert und erkennungsdienstlich behandelt. Es werden insbesondere Fingerabdrücke genommen.
►  Im nächsten Schritt wird entschieden, wo in Deutschland der oder die Geflüchtete sein beziehungsweise ihr Verfahren durchführen muss. Die geflüchtete Person ist verpflichtet, sich unverzüglich an diesen Ort zu begeben.
► Dann lädt das BAMF die geflüchtete Person zu einer oder mehreren Anhörungen ein. Dabei geht es zum einen um die Frage, ob Deutschland oder eventuell ein andere EU-Land für das Asylverfahren zuständig ist. Dies wäre insbesondere der Fall, wenn die geflüchtete Person sich in einem anderen EU-Land bereits als Asylsuchende*r hat registrieren lassen. Ist dies nicht der Fall, ist Deutschland zuständig. Das BAMF muss dann anschließend die geflüchtete Person zu den Fluchtgründen anhören.
► Nach der Anhörung prüft das BAMF nach, ob die Geschichte der geflüchteten Person glaubhaft ist und eine Anerkennung begründen. Dabei prüft das BAMF unterschiedliche Schutznormen (politisches Asyl nach Artikel 16 a I GG beziehungsweise § 3 AsylG, subsidiärer Schutzstatuts gemäß § 4 AsylG oder sogenannte Nationale Abschiebungsverbote gemäß § 60 V und VII S. 1 AufenthG). 


Autorenbild

Jens Dieckmann ist Rechtsanwalt bei Becher&Dieckmann – Rechtsanwälte in Bonn und seit 1996 als Rechtsanwalt bundesweit im gesamten Bereich des Asyl- und Ausländerrechts sowie als Strafverteidiger tätig. Er ist Mitglied der Rechtsberaterkonferenz der freien Wohlfahrtsverbände und des UNHCR in Flüchtlingsfragen sowie Mitglied des Bonner Anwaltvereins, der AG Migrationsrecht, der AG Strafrecht und der AG Internationales Wirtschaftsrecht des Deutschen Anwaltvereins und im Beirat der Refugee Law Clinic (RLC) der Universität Köln und des Dachverbandes der RLC Deutschland und Mitglied der Fachkommission Asyl beim Bundesvorstand von Amnesty International, Deutschland. Zudem hält er bundesweit Vorträge im Bereich des Asyl- und Ausländerrechts sowie des Völkerstrafrechts. Seit 2003 wurde und wird er wiederholt berufen als Verteidiger, Zeugenbeistand und Opferanwalt am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag (NL). 

Foto: © überaus.de/Klaas Sydow

license info

commentsSVG Kommentare

commentsSVG

Wie sind Ihre Erfahrungen?

Vor dem Interview haben viele Geflüchtete großen Respekt und Angst, etwas falsch zu machen. Als Ehrenamtliche können Sie hier unterstützend wirken, indem Sie gemeinsam mit den Geflüchteten die Gesprächssituation nachstellen und üben, indem Sie den genauen Ablauf der Gespräche erklären und den Geflüchteten Ihre Rechte deutlich machen. Haben Sie noch weitere Tipps oder Hinweise? Schreiben Sie Ihre Antwort in die Kommentare!