Organisationen und Einrichtungen können Menschen mit Lese-, Schreib- und Rechenschwierigkeiten auf vielfältige Weise unterstützen. Denn jede*r hat eine eigene Geschichte, eigene Wünsche und Bedürfnisse, die den Weg zurück ins Lernen prägen.
Die Qual der Wahl – Beratung, Lerncafé oder Lernbegleitung?
Zu den KommentarenSie haben die Wahl! Als Einrichtung können Sie verschiedene Angebote für Personen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten organisieren. Finden Sie hier heraus, welches Angebot zu Ihrer Zielgruppe und Ihren Ressourcen passt.
In dieser Lektion
Welches Angebot?
© Getty Images / 3D_generator
Folgende Angebotsformate sind, insbesondere auch in sozialräumlichen Institutionen, gut umsetzbar: Beratung / Lernbegleitung / Lerncafé / niedrigschwellige Angebote.
Im ersten Schritt sollte daher die Entscheidungsfindung stehen: Möchten Sie eine Beratung für von Lese- und Schreibschwierigkeiten betroffene Personen anbieten oder lieber ein informelles Lernangebot schaffen?
Um Ihnen bei dieser Entscheidung zu helfen, stellen wir Ihnen in dieser Themenwelt zuerst einmal die unterschiedlichen Möglichkeiten vor.
Beratung anbieten
© Kai Löffelbein / vhs-Ehrenamtsportal
Viele Erwachsene mit Lese- und Schreibschwierigkeiten wissen nicht, dass Weiterbildungseinrichtungen wie die Volkshochschulen Kurse zum Nachholen des Schriftspracherwerbs anbieten. Ein wichtiger erster Schritt für einen Großteil der betreffenden Erwachsenen ist daher ein offenes und gut beworbenes Beratungsangebot. Die beratenden Personen sollten in der sensiblen Ansprache von Lese- und Schreibschwierigkeiten geschult sein sowie einen guten Überblick über die aktuellen Angebote der Kommune bzw. Region haben. Erfahren Sie in der nächsten Lektion mehr darüber, wie Sie ein Beratungsangebot ins Leben rufen können und was Sie bei der Planung beachten sollten.
Informelle Lernsettings planen
Gerade wenn frühere Lernerfahrungen frustrierend und von negativen Erlebnissen begleitet waren, können informelle Lernsettings den Einstieg ins Lernen erleichtern. Doch was sind überhaupt informelle Lernsettings?
Informelle Lernsettings können ganz unterschiedliche Formate und Ausgestaltungen haben. Alle haben sie die Besonderheit gemeinsam, dass sie sich bewusst von Kursen mit Klassenraumatmosphäre abgrenzen. Damit vermeiden sie ein Wiederaufleben möglicher negativer Schulerfahrungen.
Informelle Lernsettings schaffen neue Lernräume in entspannter, familiärer Atmosphäre. Lernen wird ermöglicht, völlig ohne Druck und Zwang. Gerade im Sozialraum werden beispielsweise Lerncafés mit ganz unterschiedlichen Namen ins Leben gerufen, die erfreulichen Zulauf haben.
Mit einem informellen Lernangebot kann sich Ihre Organisation oder Einrichtung als Brücke und Wegweiser für schwer erreichbare Gruppen hervorragend anbieten.
Lerncafé gestalten
Informelle Lernangebote bieten einen hervorragenden Wiedereinstieg ins Lernen und können als Vorbereitung auf einen standardisierten Kurs dienen. Für einige Personen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten kann der direkte Einstieg in einen standardisierten Kurs an der Volkshochschule eine große Hemmschwelle darstellen, da zum Einen der Lernstand gemeinsam ermittelt wird und eine regelmäßige Teilnahme mit fester Teilnehmergruppe den Kern des Kurses bildet. Für manche Personen ist daher ein vorangestelltes Angebot von Vorteil, das offen gestaltet ist. Lerncafés basieren auf dem Walk-In Prinzip, das bedeutet, dass keine Voranmeldung nötig ist und jede*r selbst entscheiden kann, an welchen Tagen er oder sie das Angebot wahrnimmt. Im Lerncafé können Personen an eigenen Aufgaben im eigenen Tempo arbeiten und werden durch Ehrenamtliche lose betreut, wo gerade Bedarf besteht. Die Hauptziele des Lerncafés sind daher:
- über Kurs- und Lernangebote vor Ort zu informieren
- Betroffene zu motivieren
- in konkreten Situationen zu helfen (z.B. Formular ausfüllen)
- erste Unterstützung im Lesen-, Schreiben- und Rechnenlernen zu bieten
Die Anliegen und Wünsche der Besucher*innen eines Lerncafés können sehr unterschiedlich sein. Manche suchen punktuelle Unterstützung bei einem konkreten Anliegen, andere möchten darüber hinaus den Weg ins Lernen (zurück)finden. In diesem Setting ist es daher besonders wichtig, dass geschulte Lernbegleiter*innen mit den Besucher*innen individuell über ihre Bedürfnisse sprechen und auf dieser Basis gemeinsam die nächsten Schritte planen.
Erfahren Sie von Lernerin Yvonne aus erster Hand, warum ihr gerade ein informelles Lernangebot auf dem Weg zum Lesen- und Schreibenlernen weiterhelfen konnte! Yvonne nutzt regelmäßig das Lerncafé am Schlaatz in Potsdam, das im Projekt "Grundbildung im Sozialraum (GruBiSo)" aufgebaut wurde und nun durch das Grundbildungszentrum an der vhs Portsdam weiter betrieben wird. Schauen Sie rein und hören Sie, welche Erfahrungen sie dort macht:
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https://youtu.be/JFll63y2pPU
Weitere Informationen rund um das Lerncafé als Angebotsform erhalten Sie in der Lektion Lerncafé gestalten. Dort finden Sie auch das Video Gemeinsam unterwegs – Zu Besuch im Lerncafé in Potsdam rund um Lernerin Yvonne, Ehrenamtliche Karin und die anderen Projektbeteiligten in voller Länge.
Lernbegleitung organisieren
Bei diesem Angebotsformat unterstützen geschulte Ehrenamtliche einzelne Personen auf ihrem Weg zur Verbesserung der Lese- und Schreibkenntnisse. Sie bilden dabei feste Tandems, sodass ein Vertrauensverhältnis entstehen kann. In diesem Format der Einzelförderung werden erste Ansätze von Lernmethoden (z. B. das Lautlesetandem) ausprobiert und die Motivation zum Lernen bei den betreffenden Personen geweckt. Da die Gestaltung und Umsetzung dieser Art der Lernbegleitung relativ aufwendig in der Koordination und gleichzeitig bislang nur in wenigen Projekten erprobt ist, haben wir der ehrenamtlichen Lernbegleitung eine eigene Themenwelt gewidmet, die Sie sich unbedingt anschauen sollten, wenn Sie solch ein Ehrenamtssystem aufbauen und entwickeln möchten.
Nun sollten Sie eine Vorstellung davon haben, was informelle Lernsettings sein können. Machen Sie hier die Probe.
Entscheidungshilfe: Auf welche Ressourcen kommt es an?
Alle drei Angebotsformate schließen sich gegenseitig nicht aus. Alle Angebote benötigen jedoch unterschiedliche Rahmenbedingungen und personelle, zeitliche sowie räumliche Ressourcen.
Für welche Art des Angebots Sie sich letztendlich entscheiden, hängt demnach von verschiedenen Faktoren ab, die Sie im Vorhinein unbedingt gut bedenken und abwägen sollten.
Haben Sie genügend Ressourcen, ist es von großem Vorteil, wenn Sie sowohl ein Lerncafé als auch individuelle Lernbegleitung oder Beratung anbieten.
Wie sich die unterschiedlichen Formate gegenseitig bereichern, zeigt das Beispiel des Grundbildungszentrums (GBZ) an der Volkshochschule in Potsdam. Nicole Hagemann leitet das GBZ und erklärt, welche Vorteile die Verzahnung der Angebote mit sich bringt:
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https://youtu.be/cXcjdluPYmQ
Nicht immer ist es möglich oder sinnvoll, verschiedene Formate anzubieten. Gerade wenn Sie als Organisation in der Grundbildungsarbeit am Anfang stehen, sollten Sie Ihren Blick zunächst darauf richten, welche Ressourcen zur Verfügung stehen. Von dort aus können Sie nach und nach Angebote entwickeln, erproben und gegebenenfalls erweitern. In den folgenden Wendekarten geben wir Ihnen Anhaltspunkte und werfen Fragen auf, über die Sie sich in Ihrer Einrichtung verständigen sollten, bevor Sie ein Angebot zum Lesen-, Schreiben- oder Rechnenlernen ins Leben rufen.
Checklisten zur Planung von Lernangeboten
Weitere Hinweise und Überlegungen, die Ihnen die Planung eines Lernangebots erleichtern können, finden Sie in den nachfolgenden beiden Checklisten. Damit geben wir Ihnen wertvolle Tipps aus gesammelter Erfahrung der Volkshochschulen.
Lernangebot planen - 97 KBSozialräumliche Einrichtungen und Institutionen können verschiedene Angebotsformate für Personen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten organisieren. Welche Angebote für Sie in Frage kommen, hängt von der Zielgruppe Ihrer Organisation und Ihren vorhanden Ressourcen ab. Sie haben einen Überblick über mögliche Angebotsformate bekommen und erhalten in den folgenden Lektionen vertiefende Informationen, die Sie gerne mit in Ihre Überlegungen einbeziehen können.
Eva Heinen war bereits in mehreren Projekten im Bereich Alphabetisierung und Grundbildung als Referentin beim Deutschen Volkshochschul-Verband tätig. Sie betreute die Arbeitsschwerpunkte Sensibilisierungsschulungen und niedrigschwellige Lernangebote. Für das Projekt AQUA hat sie dabei eng mit Mehrgenerationenhäusern und anderen sozial-karitativen Einrichtungen zusammen gearbeitet.
Kommentare
Haben Sie darüber nachgedacht, eine Beratungsstelle zu eröffnen oder ein Lerncafé zu organisieren? Haben Sie es vielleicht bereits getan? Wie war Ihre Erfahrung? Welche Fragen oder Tipps haben Sie für andere Koordinator*innen? Teilen Sie es in den Kommentaren mit.